Mit dem einst scivaro oder schiver bezeichneten leicht spaltbaren Sedimentgestein haben meine Schiefer nicht viel gemeinsam. Bei uns zu Hause hießen die gemeinen unangenehmen bis schmerzhaften Holzspäne so, nachdem sie sich in die Haut eingebohrt hatten. In den Händen meines Vaters, der Zimmermann war, und in denen meiner Mutter, die viele Jahre in einer Möbel- und Klavierfabrik gearbeitet hatte, steckten ständig solche Schiefer. Vorzugsweise fing man sich diese ein, wenn man mit der bloßen Hand über ungehobeltes Holz strich. Seltener drang ein scharfkantiges Stückchen Metall, Glas oder Stein (auch Splitter genannt) in die nackte Haut.
Diese Schiefer sind meist hartnäckig und lassen sich in der Regel nur mit scharfem Werkzeug oder einer Nadel unter Schmerzen entfernen. Selten stößt sie der Körper von allein ab. Ist der Eindringling aber endlich heraus, sind die Beschwerden schlagartig vorüber und schon vergessen.
Mit manchen Gedanken verhält es sich ähnlich: unbedacht aufgelesen beim leichtsinnigen Streifen über Ungehobeltes setzen sie sich fest, beeinträchtigen das Wohlbefinden und müssen schließlich, gelegentlich auch unter Schmerzen, entfernt werden. Wurden diese Störenfriede nicht notiert sind sie bald vergessen. Deshalb versuche ich, solche Gedanken aufzuschreiben, vielleicht sind sie wert, eben nicht vergessen zu werden.
In Zeitungen und Werbebotschaften wird einem gegenwärtig immer öfter etwas als das größte, schönste, teuerste, schnellste und was weiß ich nicht noch alles „aller Zeiten“ weis gemacht. Aus mindestens zwei ganz erheblichen Gründen kann ich diese geschmack- und einfallslose Floskel nicht ertragen.
Zunächst stimmt es sprachlich einfach nicht. Was sind alle Zeiten? Wie viele Zeiten soll es denn geben? Den Autoren, die solch schlichte Gedanken in sonst vielleicht anspruchsvolleren Texten äußern, kann sicher unterstellt werden, sie meinen nicht den philosophischen oder naturwissenschaftlichen Zeitbegriff, sondern die grammatischen Zeitformen.