In Zeitungen und Werbebotschaften wird einem gegenwärtig immer öfter etwas als das größte, schönste, teuerste, schnellste und was weiß ich nicht noch alles „aller Zeiten“ weis gemacht. Aus mindestens zwei ganz erheblichen Gründen kann ich diese geschmack- und einfallslose Floskel nicht ertragen.
Zunächst stimmt es sprachlich einfach nicht. Was sind alle Zeiten? Wie viele Zeiten soll es denn geben? Den Autoren, die solch schlichte Gedanken in sonst vielleicht anspruchsvolleren Texten äußern, kann sicher unterstellt werden, sie meinen nicht den philosophischen oder naturwissenschaftlichen Zeitbegriff, sondern die grammatischen Zeitformen.
Da kennen wir ja nicht nur die allzu flüchtige Gegenwart und drei Formen der Vergangenheit, sondern auch zwei der Zukunft: Futurum und Futurum exaktum. Wer kann schon, wenn er seine Meinung großspurig für „alle“ Zeiten gelten lassen will, die Zukunft vorhersagen? Selbst wenn über die Superlativen einer Dampflokomotive wie der Big Boy parliert wird, die mit ihren gigantischen Ausmaßen und ihrer Leistungsfähigkeit nahezu einmalig ist, wer will wissen, nicht nur aus ökonomischen und technischen Gründen vermuten, dass nicht doch irgendwann ein noch gewaltigeres Ungetüm auf Schienen gebaut wird?
Wenn aber renommierte Fahrzeughersteller ihr neustes Produkt als den „Besten Civic aller Zeiten“ anpreisen, läuten bei mir die Alarmglocken. Werden künftige Civics (weiterentwickelte oder ganz neue Baureihen) schlechter sein? Das kann ich mir nicht vorstellen. Oder lassen sich die Honda-Marketingstrategen für den
Nachfolger dieses Modells lediglich einen neuen Namen einfallen und sorgen dafür, dass kein anderer ein Auto Civic nennen darf? Wenn über den VW-Konzern geschrieben wird, er habe nun das teuerste Golf-Cabriolet aller Zeiten vorgestellt, ist die Fehlspekulation offensichtlich: Autos werden in jedem Fall und mit Sicherheit immer teurer, ganz besonders auch Golf-Cabriolets. Was soll man von einem Hersteller aus Hiroshima halten, der mit dem neuen CX-5 nun den besten Mazda aller Zeiten präsentiert? Kreist der Pleitegeier über der Firma? Will sie sich nur umbenennen oder steht eine spektakuläre Fusion bevor? Gibt es also künftig gar keine oder nur noch minderwertige Mazdas?
Aber es gibt noch einen triftigen Grund, Ewigkeitsbehauptungen der Art „aller Zeiten“ im deutschen Sprachgebrauch zu meiden. Nicht nur, dass es sachlich Unfug ist (beispielsweise macht sich Sebastian Vettel daran, den besten Rennfahrer aller Zeiten vom umschleimten Thron zu stoßen) sondern auch, weil der „Größte Feldherr/Führer aller Zeiten“ GröFaZ zwar so genannt, in Wirklichkeit ein armseliges Würstchen und größter Verbrecher hoffentlich dies wirklich „aller Zeiten“ war.
Mir stößt die inzwischen inflationär gebrauchte Redewendung jedenfalls regelmäßig sauer auf. Selbst die umgangssprachlich gelegentlich bemühten alten, guten oder schlechten Zeiten haben einen faden Beigeschmack gekriegt.