Wenn ein saturierter Altbundesbürger seine allumfassenden Kenntnisse, seine Überlegenheit in allen Dingen herablassend an den Mann (oder die Frau) bringen will, darf der Hinweis auf die einfallslose Wohnungsbauarchitektur der DDR nicht fehlen. Die „Platte“ ist dafür Symbol, seltener wird WBS 70 erwähnt. Im Gegensatz zu den gepflegten Vorurteilen ist die Platte keine Voraussetzung für einfallslose DDR-Architektur. Man sehe sich nur die tristen aus Kalk- oder Backsteinen (hier Ziegel genannt) errichteten Wohnsilos in anderen europäischen Städten an. Andererseits  wurden auch im „Westen“ sowohl einfallslose wie auch optisch ansprechende Plattenbauten errichtet. Die effektive Nutzung der geringen Mittel (Sparzwang) ist in jedem Fall Ursache für die Geschmacklosigkeiten.

Was hat es nun mit der DDR-Platte auf sich? Um der permanenten Wohnungsknappheit Herr werden zu können, suchten die greisen Genossen der DDR-Führung ihr Heil im „industriellen Wohnungsbau“. Die Wohngebäude sollten typisiert und damit Voraussetzung für weitgehende Vorfertigung im Betonwerk geschaffen werden. Nachdem schon länger Wohngebäude in „Blockbauweise“ (anstelle von Ziegeln wurden 1m² große wanddicke „Blöcke“ vermauert) entstanden waren, wurde um 1970 die Wohnungsbauserie 70 eingeführt. Entwickelt hatten diese Architekten und Bauingenieure der Bauakademie der DDR Berlin und der Technischen Universität Dresden. Wesentliche Merkmale waren das Rastermaß 1,20 m, Geschosshöhe 2,80 m (im Erdgeschoss für Geschäfte und „gesellschaftliche Nutzung“ auch 3,30 m), komplett eingerichtete „Nasszelle“, also innenliegendes Badezimmer mit daran befestigten Rohrleitungen für die Küche, geschosshohe Betonwandteile mit Kerndämmung der Außenwände, die innen wie außen unverputzt blieben. Mit diesen Maßen gestaltete jedes „Wohnungsbaukombinat“ eigene Grundrisse und Fassaden, die dann natürlich in allen Städten dieses Bezirkes gleich aussahen.

Infolge dieser Vereinheitlichung konnten auch die für den Bau erforderlichen Geräte (Transport, Fördertechnik) und für die Wohnungseinrichtung (Möbel) aufeinander abgestimmt und typisiert werden. Das alles trug natürlich wenig zu einem abwechslungsreichen Stadtbild und einer individuellen Wohnkultur bei. Die erhofften Einspareffekte bei den Baukosten haben sich dann doch nicht eingestellt; der Anteil an Plattenbauten mit hohem Vorfertigungsanteil ist weltweit winzig.

Die „Platte“ ist also gekennzeichnet durch vorgefertigte geschosshohe Wandelemente und Decken aus Beton, einheitliche Geschosshöhe 2,80 m und das horizontale Rastermaß 1,20 m. Letzteres bedingt Raummaße von mindestens 2,40 m, 3,60 m, 4,80 m und höchstens 6,00 m.

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